9
Apr
2011

Am Fenster eines Wirtshauses beim Steinhuder Meer

Auf dem Nachauswege 1945
Die Apfelblüten tun sich langsam zu
beim Abendvers der süßen Vogelkehle.
Die Frösche sammeln sich am Fuß des Stegs.
Die Biene summt den Tag zur Ruh –
nur meine Seele
ist noch Unterwegs.

Die Straße sehnt sich nach der nahen Stadt,
wo in der Nacht das Leben weiterglimmt,
weil hier noch Herzen schlagen.
Wer jetzt noch kein Zuhause hat,
wenn ihn die Nacht gefangen nimmt,
der muß noch lange fragen:
Warum die Blumen leidlos sind –
warum die Vögel niemals weinen –
und ob der Mond wohl auch so müde ist –

Und dann erbarmt sich leis ein Wind des einen,
bis er –im Schlaf– die Welt vergießt.


Wolfgang Borchert

5
Apr
2011

Ich bin so reich in deinem Angedenken

Ich bin so reich in deinem Angedenken,
Daß ich mich nimmer kann ganz einsam nennen,
Nur wenn ich ganz mich kann hinein versenken,
Vergeß ich es, daß Tal und Flut uns trennen.
Will mir die Welt die eitlen Freuden schenken,
Ich fliehe sie, und mag sie nimmer kennen,
Welt, Himmel, Lenz und Liebe sind vereint,
Wo mir dein Bild, ein süßer Stern, erscheint.

Helmina von Chézy

30
Mrz
2011

Mein schönstes Gedicht

Mein schönstes Gedicht?
Ich schrieb es nicht.
Aus tiefsten Tiefen stieg es.
Ich schwieg es.

Mascha Kaléko

21
Mrz
2011

...

Aber wenn man sich ganz fühlt,
und still ist
und die reinen Freuden
der Liebe und Freundschaft genießt,
dann ist durch eine besondere Sympathie
jede unterbrochene Freundschaft,
jede halbverschiedne Zärtlichkeit
wieder auf einmal lebendig.

Johann Wolfgang von Goethe

17
Mrz
2011

Nur zwei Dinge

Durch so viele Formen geschritten,
durch Ich und Wir und Du,
doch alles blieb erlitten
durch die ewige Frage: wozu?
Das ist eine Kinderfrage.
Dir wurde erst spät bewußt,
es gibt nur eines: ertrage
- ob Sinn, ob Sucht, ob Sage-
dein fernbestimmtes: Du mußt.

Ob Rosen, ob Schnee, ob Meere,
was alles erblühte, verblich,
es gibt nur zwei Dinge: die Leere
und das gezeichnete Ich.

Gottfried Benn

10
Mrz
2011

Sprich aus der Ferne

Sprich aus der Ferne
Heimliche Welt,
Die sich so gerne
Zu mir gesellt!

Wenn das Abendrot niedergesunken,
Keine freudige Farbe mehr spricht,
Und die Kränze still leuchtender Funken
Die Nacht um die schattichte Stirne flicht:

Wehet der Sterne
Heiliger Sinn
Leis durch die Ferne
Bis zu mir hin.

Wenn des Mondes still lindernde Tränen
Lösen die Nächte verborgenes Weh;
Dann wehet Friede. In goldenen Kähnen
Schiffen die Geister im himmlischen See.

Glänzende Lieder
Klingender Lauf
Ringelt sich nieder,
Wallet hinauf.

Wenn der Mitternacht heiliges Grauen
Bang durch die dunklen Wälder hinschleicht
Und die Büsche gar wundersam schauen,
Alles sich finster, tiefsinnig bezeugt:

Wandelt im Dunkeln
Freundliches Spiel,
Still Lichter funkeln,
Schimmerndes Ziel,

Alles ist freundlich wohlwollend verbunden,
Bietet sich tröstend und trauernd die Hand,
Sind durch die Nächte die Lichter gewunden,
Alles ist ewig im Innern verwandt.

Sprich aus der Ferne,
Heimliche Welt,
Die sich so gerne
Zu mir gesellt.

Clemens Brentano

9
Mrz
2011

Vom selben Stern

Steh auf, zieh dich an!
Jetzt sind and're Geister dran.
Ich nehm' den Schmerz von dir,
ich nehm' den Schmerz von dir!
Fenster auf, Musik ganz laut.
Das letzte Eis ist aufgetaut.
Ich nehm den Schmerz von dir,
ich nehm den Schmerz von dir.

Wir alle sind aus Sternenstaub.
In unseren Augen war mal Glanz.
Wir sind noch immer nicht zerbrochen,
wir sind ganz.

Du bist vom selben Stern.
Ich kann deinen Herzschlag hör´n.
Du bist vom selben Stern, wie ich
Weil dich die gleiche Stimme lenkt
und du am gleichen Faden hängst.
Weil du das selbe denkst, wie ich

Tanz durch dein Zimmer,
heb' mal ab.
Tanz durch die Straßen, tanz durch die Stadt.
Ich nehm' den Schmerz von dir,
ich nehm' den Schmerz von dir.
Lass uns zusammen uns're Bahnen ziehen,
wir fliegen heute noch über Berlin.
Ich nehm den Schmerz von dir,
ich nehm den Schmerz von dir.

Wir alle sind aus Sternenstaub.
In unseren Augen warmer Glanz.
Wir sind noch immer nicht zerbrochen,
wir sind ganz.

Du bist vom selben Stern.
Ich kann deinen Herzschlag hör´n.
Du bist vom selben Stern, wie ich
Weil dich die gleiche Stimme lenkt
und du am gleichen Faden hängst.
Weil du das selbe denkst, wie ich

Ich & Ich

6
Mrz
2011

Glück

Es ist das Glück ein flüchtig Ding
Und war's zu allen Tagen;
Und jagtest du um der Erde Ring,
Du möchtest es nicht erjagen.

Leg' dich lieber ins Gras voll Duft
Und singe deine Lieder;
Plötzlich vielleicht aus blauer Luft
Fällt es auf dich hernieder.

Aber dann pack' es und halt es fest
Und plaudre nicht viel dazwischen;
Wenn du zu lang es warten läßt,
Möcht' es dir wieder entwischen.

Emanuel Geibel, 1815-1884
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