3
Nov
2010

Geborgenheit und offene Weite

"Ich mag die kürzer werdenden Tage mit der früh einbrechenden Dunkelheit und das künstliche Licht in den Häusern, das einen langen Abend verspricht. Drinnen und Draußen, Geborgenheit und die offene Weite des Nachttraums sind nun schärfer getrennt. Und tief in der Nacht, wenn nur noch hier und da ein Fenster erleuchtet ist, erscheint einem die bewohnte Menschenwelt wieder als das, was sie ursprünglich war: eine umhegte Insel, umgeben von Dunkelheit und einer unheimlichen kosmischen Stille."


Dieter Wellershoff

1
Nov
2010

Seiltänzerin ohne Netz

Mein Leben war ein Auf-dem-Seile-Schweben.
Doch war es um zwei Pfähle fest gespannt.
Nun aber ist das starke Seil gerissen:
Und meine Brücke ragt ins Niemandsland.

Und dennoch tanz ich und will gar nichts wissen,
Teils aus Gewohnheit, teils aus stolzem Zorn.
Die Menge starrt gebannt und hingerissen.
Doch gnade Gott mir, blicke ich nach vorn.

Mascha Kaléko

28
Okt
2010

An meinen Lehrer

Ich war nicht einer deiner guten Jungen.
An meinem Jugendtrotz ist mancher Rat
Und manches wohlgedachte Wort zersprungen.
Nun sieht der Mann, was einst der Knabe tat.

Doch hast du, alter Meister, nicht vergebens
An meinem Bau geformt und dich gemüht.
Du hast die besten Werte meines Lebens
Mit heißen Worten mir ins Herz geglüht.

Verzeih, wenn ich das Alte nicht bereue.
Ich will mich heut wie einst vor dir nicht bücken.
Doch möcht ich dir für deine Lehrertreue
nur einmal dankbar, stumm die Hände drücken.

Ringelnatz

25
Okt
2010

Herbsttag

Gronau-005

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rilke

24
Okt
2010

Loki...

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Glück ist ja eine Sache, die man definieren muss.
Der Zustand, der andauert, ist eher Zufriedenheit.
Glück ist der eine Funke dazwischen, der eine Augenblick.

Loki Schmidt

23
Okt
2010

Geld allein

Wie gut, daß alle einander nicht gleichen.
Wie recht, daß manche es erreichen,
Daß sie eines Tages reich sind.
Wie gut, daß auch diese einander nicht gleich sind.

Schlechte Menschen ohne Geist, ohne Geschmack,
Wenn sie noch so reich sind, bleiben nur Pack.

Ringelnatz

22
Okt
2010

Jetzt ist es Herbst

Herbst-054

Jetzt ist es Herbst,
Die Welt ward weit,
Die Berge öffnen ihre Arme
Und reichen dir Unendlichkeit.
Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub,
Die Bäume sehen in den Staub,
Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.

Jetzt ist es Herbst,
das Herz ward weit.
Das Herz, das viel gewandert ist,
Das sich verjüngt mit Lust und List,
Das Herz muss gleich den Bäumen lauschen
Und Blicke mit dem Staube tauschen.
Es hat geküsst, ahnt seine Frist,
Das Laub fällt hin, das Herz vergisst.

Max Dauthendey

16
Okt
2010

Mensch

Momentan ist richtig,
Momentan ist gut
Nichts ist wirklich wichtig
Nach der Ebbe kommt die Flut

Am Strand des Lebens
Ohne Grund, ohne Verstand
Ist nichts vergebens
Ich bau die Träume auf den Sand

Und es ist, es ist ok
Alles auf dem Weg,
Und es ist Sonnenzeit
Unbeschwert und frei

Und der Mensch heißt Mensch
Weil er vergisst,
Weil er verdrängt
Und weil er schwärmt und stählt
Weil er wärmt, wenn er erzählt

Und weil er lacht,
Weil er lebt
Du fehlst

Das Firmament hat geöffnet,
Wolkenlos und ozeanblau
Telefon, Gas, Elektrik
Unbezahlt, und das geht auch

Teil mit mir deinen Frieden,
Wenn auch nur geborgt
Ich will nicht deine Liebe,
Ich will nur dein Wort

Und es ist, es ist ok
Alles auf dem Weg
Und es ist Sonnenzeit
Ungetrübt und leicht

Und der Mensch heißt Mensch
Weil er irrt und weil er kämpft
Und weil er hofft und liebt,
Weil er mitfühlt und vergibt

Und weil er lacht
Und weil er lebt
Du fehlst

Oh, weil er lacht,
Weil er lebt
Du fehlst

Es ist, es ist ok
Alles auf dem Weg
Und es ist Sonnenzeit
Ungetrübt und leicht

Und der Mensch heißt Mensch
Weil er vergisst,
Weil er verdrängt

Und weil er schwärmt und glaubt,
Sich anlehnt und vertraut

Und weil er lacht
Und weil er lebt
Du fehlst

Oh, es ist schon ok
Es tut gleichmäßig weh
Es ist Sonnenzeit
Ohne Plan, ohne Geleit

Und der Mensch heißt Mensch
Weil er erinnert, weil er kämpft
Und weil er hofft und liebt
Weil er mitfühlt und vergibt

Und weil er lacht,
Und weil er lebt,
Du fehlst

Oh, weil er lacht,
Weil er lebt,
Du fehlst
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